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Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Berufsethik

Unter Ethik versteht man die Reflexion der Moral, das Nachdenken über die Werte und Pflichten, die eine Gemeinschaft durch Tradition und Erziehung auferlegt. Es geht darum, sittliche Verpflichtungen und Handlungsregeln für Entscheidungen argumentativ zu entwickeln und zu rechtfertigen.

Recht und Ethik ergänzen sich: Ethik appelliert an die menschliche Einsicht und will zu freiwilliger Selbstverpflichtung führen – Rechtsvorschriften sind dagegen mit Strafandrohungen versehen, was ebenso unverzichtbar ist wie der Appell an Vernunft und guten Willen. Das Recht abstrahiert von der Gesinnung, die Ethik will diese fördern. Gesetze müssen Sachverhalte und Entscheidungssituationen eindeutig umschreiben – die Ethik fördert das Gespür für das Richtige und liefert damit auch für neue Situationen und Entwicklungen Entscheidungskriterien.

Die journalistische Berufsethik fragt nach den sittlich relevanten Verhaltensvorschriften in der Medienkommunikation, die sich aus der Verantwortung des Journalisten gegenüber seinen Lesern, Hörern oder Zuschauern wie aus der Verantwortung gegenüber der Gesamtgesellschaft ergibt. Sie muss dabei die Wertepluralität in der Gesellschaft akzeptieren, darf sich aber nicht zu einem Werterelativismus hinreißen lassen. Ethik wirkt aber nicht nur durch rationale Argumentation, sondern auch durch das praktizierte Ethos der einzelnen Journalisten und seine Vorbildwirkung.

Denn ebenso wie Rechtsnormen sind ethische Normen darauf angewiesen, dass man sich an sie hält. Zwar wird die Geltung ethischer Normen durch unmoralisches Verhalten ebenso wenig aufgehoben, wie die Geltung von Gesetzen durch Verstöße gegen ihre Vorschriften. Jedoch höhlt es die Legitimation ethischer Normen auf Dauer aus, wenn ständig gegen sie verstoßen wird.

Ethikkodizes (z.B. die Publizistischen Grundsätze des Deutschen Presserates) sind als Verpflichtungen des einzelnen Journalisten, also individualethisch formuliert. Mangelnde Sanktionskraft, wie sie der deutsche Presserat immer wieder erfahren muss, kann in der Tat den Sinn von medienethischen Normen in Frage stellen. Journalistische Ethik steht deshalb stets vor dem Problem, wie sie ihre Maximen und Wertorientierungen in der professionelle Praxis zur Geltung bringen kann.