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Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Leserbrief

Bei Leserbriefen legen die meisten Kollegen Wert auf Distanz: „Der Inhalt der Leserbriefe gibt ausschließlich die Ansicht der Einsender wieder, die mit der Meinung der Redaktion oder des Verlages nicht unbedingt übereinstimmt.“ So oder ähnlich lauten die Formulierungen auf den Leserbriefspalten der Zeitungen oder Magazine. Viel mehr als eine Klarstellung gegenüber dem Leser ist so etwas nicht. Rechtlich gesehen dürfte man darauf sehr wohl verzichten.

Denn: Eine Leserzuschrift, die mit dem Namen des Absenders versehen ist, wird nicht dadurch zur eigenen Behauptung der Redaktion oder des Verlages, weil ein solcher Hinweis fehlt. Auch ein Durchschnittsleser wird Behauptungen in einen solchen Leserbrief nicht als Behauptungen der Redaktion oder des Verlages missverstehen.

Ob mit oder ohne distanzierendem redaktionellen Hinweis: Für den Inhalt des abgedruckten Leserbriefes müssen verantwortlicher Redakteur und Zeitung gerade stehen – wie auch sonst für die Verbreitung von Aussagen Dritter.

Enthält ein Leserbrief unwahre Tatsachenaussagen, haftet neben dem Leserbriefschreiber grundsätzlich auch die verbreitende Zeitung. Unwahre Aussagen darf man nicht bloß deshalb verbreiten, weil man sie nicht selber aufgestellt hat, sondern nur weitergibt. Das ergibt sich aus § 186 StGB (üble Nachrede), aber auch aus den §§ 824 BGB (Kreditgefährdung).

Auch wahre Tatsachenbehauptungen dürfen die Medien nicht unbedingt weitergeben, wenn sie die Persönlichkeitsrecht Dritter verletzen.

Enthält ein Leserbrief Meinungsäußerungen und Kritik, ist dies normalerweise unproblematisch – es sei denn, dass eventuell strafrechtliche Grenzen überschreiten werden.

Wer sich von einem Leserbriefe betroffen oder sogar geschädigt fühlt, kann sich mit den üblichen Instrumenten wehren:

  • Er kann eine Gegendarstellung verlangen (OLG Hamburg AfP 1983, 345).
  • Wenn die Voraussetzungen vorliegen, kann er die Abgabe einer Unterlassungserklärung durchsetzen. Gegenüber der Zeitung ist das allerdings selten: Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist nämlich die Wiederholungsgefahr – und ein Leserbrief wird nicht zweimal abgedruckt (vgl. BGH NJW 1986, 2503).
  • Anders ist es mit dem Unterlassungsanspruch gegenüber dem Leserbriefschreiber: da wird die Wiederholungsgefahr bei einer rechtswidrigen Äußerung grundsätzlich vermutet. Der Betroffene kann vom Leserbriefschreiber den Widerruf fordern, also eine Erklärung der Art: „Hiermit wiederrufe ich die in meinem Leserbrief vom… aufgestellte Behauptung, dass…“ Das ist aber auch selten, denn ein Widerrufsanspruch besteht nur, wenn die behauptete Tatsache erwiesenermaßen unwahr ist. Die Beweislast hat der, der den Widerruf verlangt (Landgericht Frankfurt/Oder vom 24.11.2000, Az. 6 C 105/00).
  • Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldforderungen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes aus § 823 Abs. 2 i.V.m. Art 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG sind prinzipiell möglich, aber sehr selten. Sie setzten ein Verschulden voraus, und ein Schaden durch die Behauptung muss nachweisbar sein.

Die Verantwortung des Redakteurs

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Kürzung von Leserbriefen – selbstverständlich! Aber wo sind die Grenzen?

Aus der Spruchpraxis des Presserates

Extreme Meinungsäußerungen muss die Redaktion auf Vereinbarkeit mit dem Pressekodex prüfen und ggf. redigieren. Mehr dazu…