Initiative
Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Recht am eigenen Bild

Das Bildnis eines Menschen darf grundsätzlich nur mit dessen Einwilligung verbreitet oder zur Schau gestellt werden. Jeder soll selbst darüber bestimmen, ob und wie sein Bildnis der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Gesetzlich normiert ist das Recht am eigenen Bild im Kunst- und Urhebergesetz (KUG) aus dem Jahr 1907.

Geschützt ist das Personenbildnis, d. h. die Darstellung einer oder mehrerer Personen, die die äußere Erscheinung des oder der Abgebildeten in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt. Das Personenbildnis darf nicht ohne Einwilligung des oder der Abgebildeten öffentlich zur Schau gestellt werden – verboten ist die Veröffentlichung wie auch die Verbreitung.

Nicht erfasst sind Bilder, also Abbildungen, auf denen Personen nur als „Beiwerk“ oder als in den Hintergrund tretende Teilnehmer von Veranstaltungen etc. erscheinen. So sind Abbildungen von Gegenständen unproblematisch, auch wenn ein Gegenstand einer bestimmten Personen zugeordnet werden kann. Bilder sind nach § 23 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 KUG alle Landschaftsbilder aber auch Bilder von Versammlungen und Aufzügen, selbst wenn darauf Personen zu sehen sind. Die Personen dürfen allerdings nicht die Aussage des Bildes prägen.

Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung von Bildnissen und Bildern ist die Erkennbarkeit bestimmter Personen. Dazu gehört nach der Rechtsprechung nicht viel. Es genügt, wenn die Person von Menschen aus ihrem engeren Bekanntenkreis identifiziert werden kann – etwa aufgrund Haaransatz, Hals, den Ohren, der Haltung oder Statur. Erkennbar kann die Person auch durch den Begleittext oder in früheren Veröffentlichungen mitgeteilte Umstände werden. Die Veränderung des Bildnisses durch Augenbalken oder „Pixeln“ beseitigt die Erkennbarkeit in der Regel nicht ausreichend. Darstellungen, für die ein Doppelgänger abgebildet oder ein auf den Betroffenen zurechtgemachtes Modell gezeigt wird, fallen ebenfalls unter das Recht am eigenen Bild.

Das Recht am eigenen Bild ist ein aus dem Persönlichkeitsschutz abgeleitetes Spezialrecht. Das KUG schützt nicht vor der unbefugten Aufnahme, sondern nur vor der unbefugten Verbreitung eines Fotos. Das Herstellen von Bildnissen wird aber durch das so genannte Allgemeine Persönlichkeitsrecht nach § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) erfasst. Auch das Herstellen bedarf also grundsätzlich der Einwilligung des Abgebildeten.
In bestimmten Fällen darf ein Bildnis ohne Einwilligung veröffentlicht werden.

  • Keine Einwilligung ist laut § 23 Abs. 1 KUG erforderlich, wenn die Person
    • auf einem zeitgeschichtlichen Foto abgelichtet wurde
    • nur als Beiwerk einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit auf ein Foto geraten ist
    • wenn sie an einer Demonstration, öffentlichen Versammlung oder Veranstaltung teilgenommen hat. Bedeutsam ist die Vorschrift vor allem für Demonstrationen. Die beteiligten und erkennbar werdenden Personen müssen nicht bloßes Beiwerk sein, sie dürfen aber nur im Rahmen des Vorganges gezeigt und nicht herausgehoben oder portraitiert werden. Bildausschnitte und die Darstellung von Rednern sind zulässig, soweit sie den Vorgang, der das Thema des Bildes ist, repräsentieren
    • wenn die Verbreitung oder Zurschaustellung eines Bildes einem höheren Interesse der Kunst dient.
  • Keine Einwilligung ist erforderlich bei Veröffentlichungen zum Zweck der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit. Ein gesuchter Verdächtiger muss nicht in die Veröffentlichung des Fahndungsfotos einwilligen.

Bis 2004 typisierte die Rechtsprechung den Begriff der „Zeitgeschichte“ in § 23 Abs. 1 KUG danach, wer auf dem Foto abgebildet war und unterschied zwischen „absoluter“ und „relativer“ Person der Zeitgeschichte.

An Bildnissen „absoluter Personen der Zeitgeschichte“ hatte die Allgemeinheit alleine aufgrund der abgebildeten Person ein berechtigtes Interesse. Die Veröffentlichung des Fotos der Person setzte also keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis voraus, das im öffentlichen Interesse stand.

Im Gegensatz dazu trat die „relative Person der Zeitgeschichte“ aufgrund eines bestimmten Geschehens in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Ein öffentliches Interesse an ihrem Bildnis war nur aufgrund dieses Geschehens gegeben. Nicht die Person selbst begründete das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, sondern das Ereignis.
Aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Jahr 2004, in der der EGMR die Rechtsfigur der „absoluten Person der Zeitgeschichte“ als zu starr befand, gab die deutsche Rechtsprechung diese Rechtsfigur auf.

Statt zwischen „absoluter“ und „relativer“ Person der Zeitgeschichte zu unterscheiden nehmen die Gerichte nun eine einzelfallbezogene Interessenabwägung vor. Dabei spielt stets das auf dem Foto gezeigte Ereignis und die Frage die entscheidende Rolle, ob das Ereignis zeitgeschichtlich ist und ob die abgebildete Person in dieses Ereignis eingebunden ist. Maßgeblich ist damit stets der gesamte Kontext der Berichterstattung, also auch die Wortberichterstattung.

Der Begriff „Zeitgeschichte“ wird von den Gerichten aber im Interesse der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit weit ausgelegt. Der Begriff „Zeitgeschehen“ ist also zutreffender. Zeitgeschehen umfasst nicht nur Vorgänge von historischer oder politischer Bedeutung, sondern wird vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her bestimmt. Der BGH hat beispielsweise entschieden, dass auch ein auf einem Mieterfest entstandenes Bildnis Zeitgeschehen abbilden kann.

Für die Veröffentlichung von Bildern von Straftätern oder Verdächtigten gelten besondere Regeln. Grund: Die betreffenden Personen sollen nicht an den Pranger gestellt werden. Nicht jede Straftat begründet also ein das Bildnis rechtfertigendes zeitgeschichtliches Ereignis.

Die Befugnis, Bildnisse ohne Einwilligung der abgebildeten Personen zu veröffentlichen, endet in jedem Fall da, wo berechtigte Interessen des Abgebildeten oder auch seiner Angehörigen entgegenstehen (§ 23 Abs. 2 KUG). Einer für die konkrete Veröffentlichung erteilten Einwilligung bedarf es

  • für die Verbreitung von Nacktbildern
  • für jede Verwendung von Bildnissen zu Zwecken der Werbung,
  • für die Veröffentlichung von Bildnissen aus der Privatsphäre. Jede Person kann verlangen, dass eindeutig auf Ausschluss jeder Öffentlichkeit gerichtete Situationen privaten Zusammenseins respektiert werden, auch wenn diese in der Öffentlichkeit stattfinden. Die Privatsphäre ist nicht auf den eigenen häuslichen Bereich beschränkt.Bilder, die unter Missachtung der Privatsphäre heimlich oder unter Ausnutzung einer Überrumpelung aufgenommen worden sind, dürfen nicht veröffentlicht werden. Das sieht allerdings anders aus, wenn der Betroffene seine Privat- und Intimsphäre selbst der Öffentlichkeit umfassend preisgibt.

Unzulässig sind auch Bildveröffentlichungen zu dem alleinigen Zweck, den Abgebildeten der Lächerlichkeit preiszugeben, solche die die Menschenwürde verletzen und solche, die den Abgebildeten einer Gefahr für Leib und Seele aussetzen.

In der Regel, aber keineswegs immer unzulässig ist die Verbreitung und Zurschaustellung rechtswidrig hergestellter Bildnisse.

Die Einwilligung zur Veröffentlichung

Von den oben genannten Ausnahmen abgesehen ist die Einwilligung der Abgebildeten immer erforderlich. Sie ist nach § 22 KUG nachweislich durch eine schriftliche Einwilligung erteilt oder wenn ein Honorar für die Aufnahme gezahlt wurde (§ 22 Satz 2 KUG).

Wichtig:

Minderjährige können eine solche Einwilligung nicht erteilen – da zählt nur das Wort des gesetzlichen Vertreters.

Diese verbreitete Rechtsauffassung ist freilich in der Fachliteratur nicht ganz unumstritten: Der BGH betrachtet die Einwilligung des Abgebildeten, wenn sie nicht Bestandteil eines förmlichen Vertrages ist, nicht als Rechtsgeschäft. Daraus könnte sich ableiten, dass der Einwilligende nicht geschäftsfähig sein, sondern nur fähig sein muss, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs in seine Persönlichkeitssphäre zu erkennen. Für Minderjährige begründet die Befugnis zur tatsächlichen Personensorge zwar die Zuständigkeit des Sorgeberechtigten. Die Betroffenen haben aber ein Vetorecht, wenn sie grundrechtsmündig sind. Wegen des anerkannt wichtigen Minderjährigenschutzes ist im Zweifel der Zugriff auf das Bildnis versperrt.

Auch das Bildnis eines Verstorbenen darf nicht bedenkenlos veröffentlicht werden, sofern nicht einer der oben erwähnten Gründe vorliegt: Für die Dauer von zehn Jahren müssen die engsten Angehörigen (Eltern, Kinder, überlebender Ehegatte) mit der Veröffentlichung einverstanden sein. Der Widerspruch auch nur eines der Berechtigten reicht aus, um eine Veröffentlichung rechtswidrig zu machen.

Die Einwilligung kann grundsätzlich jederzeit mit sofortiger Wirkung widerrufen werden, wenn sie nicht Gegenstand eines Vertrages ist oder der Betroffene einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, der nach § 242 BGB den Widerruf verbietet. Ist die Einwilligung vertraglich erteilt, dann ist sie nur aus wichtigem Grund kündbar.

Wortlaut des Kunsturhebergesetzes von 1907