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Verfassungsschutz
Das Grundgesetz ist die Verfassung eines demokratischen Rechtsstaates. Oberste Wertprinzipien liegen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu Grunde. Diese stehen für niemanden zur Disposition. Es war eine der Lehren aus der Nazi-Diktatur: Extremisten jeglicher Couleur sollte nie wieder die Chance gegeben werden, sie abzuschaffen.
Deshalb wurde mit dem Grundgesetz eine streitbare Demokratie. Das „Bundesamt für Verfassungsschutz“ (BfV) ist als Inlandsnachrichtendienst ein Teil eines umfassenden Verfassungsschutzsystems. Um Extremisten beurteilen und notfalls gegen sie vorgehen zu können, brauchen die Sicherheitsbehörden Erkenntnisse über deren Tätigkeit, und zwar nicht erst dann, wenn Straftaten begangen worden sind. Die Verfassungsschutzbehörden sammeln Informationen über verfassungsfeindliche – also extremistische – und sicherheitsgefährdende Bestrebungen. Kritische Bürger und „radikale“ Ansichten sind keine „Beobachtungsobjekte“ für den Verfassungsschutz. In der Bundesrepublik ist Kritik nicht verpönt, sondern erwünscht. Und solange die grundlegenden Verfassungsprinzipien anerkannt werden, sind selbst radikale Meinungen legitim.
Ein besonderes Gesetz (BVerfSchG) regelt Aufgaben, Befugnisse und Zusammenarbeitspflicht der Verfassungsschutzbehörden sowie die Übermittlung von Informationen. Außerdem finden sich in vielen Gesetzen Vorschriften, die der Verfassungsschutz zu beachten hat.
Aufgabe des Verfassungsschutzes ist das Sammeln und Auswerten von Informationen über extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen. Das sind politisch motivierte Aktivitäten
- gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung,
- gegen den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
- die durch Anwendung von Gewalt auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden (Ausländerextremismus). Der Verfassungsschutz beobachtet ferner die geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht (Spionagebekämpfung). Schließlich wirkt das Bundesamt für Verfassungsschutz beim Geheimschutz ; hier geht es darum, dass geheimes oder vertrauliches Material beim Staat und der von ihm beauftragten Industrie geschützt wird und präventiv verhindert wird, dass Spione nicht in sicherheitsrelevante Positionen gelangen. Wie Informationen gesammelt werden Den weitaus größten Teil seiner Informationen gewinnt der Verfassungsschutz aus offenen, allgemein zugänglichen Quellen. Also etwa aus Druckerzeugnissen wie Zeitungen, Flugblättern, Programmen und Aufrufen. Mitarbeiter des Bundesamtes besuchen öffentliche Veranstaltungen, sie befragen auch (z. B. im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen) Personen, die sachdienliche Hinweise geben können. Zur Sammlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln gehören Einschleusen und Führen von V-Leuten in extremistischen Kreisen, die getarnte Observation und in bestimmten Fällen auch die genehmigungspflichtige und von einem parlamentarischen Gremium kontrollierte Brief- und Telefonüberwachung. Dabei ist der Verfassungsschutz an strenge Regeln des Rechts und der Verhältnismäßigkeit gebunden. Anfang 2005 waren im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) von Bund und Ländern 1.003.959 (Anfang 2004: 985.300) personenbezogene Eintragungen enthalten, davon 567.636 Eintragungen (56,5 %) aufgrund von Sicherheitsüberprüfungen (Anfang 2004: 57,8 %). Kontrolle des Verfassungsschutzes Die Tätigkeit des BfV unterliegt der Kontrolle durch die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag. Das zu diesem Zweck eingerichtete Parlamentarische Kontrollgremium ist in regelmäßigen Abständen umfassend über die allgemeine Tätigkeit des BfV, des MAD und des BND und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten (§ 2 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes). Die Bundesregierung hat dem Parlamentarischen Kontrollgremium auf Verlangen Einsicht in Akten und Dateien zu geben und die Anhörung von Mitarbeitern zu gestatten. Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Maßgabe des Art. 10 GG werden durch die vom Parlamentarischen Kontrollgremium bestellte unabhängige G 10-Kommission grundsätzlich vor deren Vollzug auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft. Gleiches gilt für die mit dem Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus neu eingeräumten Auskunftsrechte. Das BfV ist gesetzlich verpflichtet, Betroffenen auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu erteilen, soweit auf einen konkreten Sachverhalt hingewiesen und ein besonderes Interesse an einer Auskunft dargelegt wird (§ 15 Abs. 1 BVerfSchG). Eine Auskunft unterbleibt nur dann, wenn einer der im Absatz 2 dieser Vorschrift ausdrücklich bezeichneten Verweigerungsgründe vorliegt. Maßnahmen des BfV, bezüglich derer der Betroffene geltend macht, in seinen Rechten beeinträchtigt zu sein, unterliegen gerichtlicher Nachprüfung. Das Bundesverfassungsschutzgesetz enthält zahlreiche datenschutzrechtliche Bestimmungen, die eine weitreichende Kontrolle durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz ermöglichen. Verfassungsschutz ist auch Ländersache Neben der Zentralstelle BfV mit Sitz in Köln gibt es in den einzelnen Bundesländern Landesbehörden für Verfassungsschutz. Sie sind dem BfV nicht untergeordnet. Dass Verfassungsschutz eine Aufgabe des Bundes in Zusammenarbeit mit den Ländern ist, steht im Grundgesetz. Die Behörde Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte im Jahre 2004 2.429 (2003: 2.401) Bedienstete. Die Kosten für den Bundeshaushalt betrugen 141.047.434 Euro (2003: 144.075.146,73 Euro).
Recherchehinweise zum Thema:
Bundesamt für Verfassungsschutz
Merianstraße 12
50765 Köln
E-Mail: bfvinfo@verfassungsschutz.de
Telefon 01888 – 792-0
Fax 01888 – 10-792-2915
Internet: www.verfassungsschutz.de
Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg
Postfach 50 07 00
70337 Stuttgart
Mailbox: 0711-541148 (analog) / 0711-556265 (ISDN)
Email: verfassungsschutz.bw@t-online.de
Landesamt für Verfassungsschutz Bayern
Postfach 45 01 45
80901 München
Senatsverwaltung für Inneres
Abteilung Verfassungsschutz
Potsdamer Str. 186
10783 Berlin
Email: verfassungsschutz@berlin.de
Ministerium des Innern des Landes Brandenburg
– Abteilung V –
Postfach 60 11 26
14411 Potsdam
Landesamt für Verfassungsschutz Bremen
Postfach 28 61 57
28361 Bremen
Email: office@lfv.bremen.de
Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg
Johanniswall 4/III
20095 Hamburg
Landesamt für Verfassungsschutz Hessen
Postfach 39 05
65029 Wiesbaden
Email: LfV-Hessen@t-online.de
Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern
Postfach 11 05 52
19005 Schwerin
Email: vs-mv@t-online.de
Landesamt für Verfassungsschutz Niedersachsen
Postfach 44 20
30044 Hannover
Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen
Abteilung VI
Haroldstr. 5
40213 Düsseldorf
Email: info@mail.verfassungsschutz.nrw.de
Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz
Postfach 32 80
55022 Mainz
Landesamt für Verfassungsschutz Saarland
Postfach 10 20 63
66020 Saarbrücken
Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen
Postfach 10 02 47
01072 Dresden
Email: la.verfassungsschutz@sz-online.de
Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt
Abteilung 5
Postfach 18 49
39008 Magdeburg
Email: vschutz@mi.lsa-net.de
Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein
Postfach 11 33
24100 Kiel
Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz
Postfach 10 15 06
99015 Erfurt