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Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Aus der Rechtsprechung

BVerfG NJW 99, 1322 Fall Hellwein:

(…) sind sie (die Sorgfaltspflichten) eingehalten, stellt sich aber später die Unwahrheit der Äußerung heraus, ist die Äußerungen als im Äußerungszeitpunkt rechtmäßig anzusehen, so dass weder Bestrafung noch Widerruf oder Schadensersatz in Betracht kommen (…) Wirkt die Beeinträchtigung des von der Äußerung Betroffenen fort, kann dieser eine Richtigstellung verlangen.“

BGH AfP 00,167 Namensnennung

„Dürfte die Presse, falls der Ruf einer Person gefährdet ist, nur solche Informationen verbreiten, deren Wahrheit im Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits mit Sicherheit feststeht, so könnte sie ihre durch Artikel 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Aufgaben der öffentlichen Meinungsbildung nicht durchweg erfüllen (…) Deshalb verdient im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrechts des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit regelmäßig die aktuelle Berichterstattung und mithin das Informationsinteresse jedenfalls dann Vorrang, wenn die (…) Sorgfaltsanforderungen eingehalten sind. Stellt sich in einem solchen Fall später die Unwahrheit der Äußerung heraus, so ist diese als im Äußerungszeitpunkt rechtmäßig anzusehen, so dass Widerruf und Schadensersatz nicht in Betracht kommen.“

BVerfG NJW 2016, 2870 Staatsanwältin

Enthält die Äußerung einen ehrbeeinträchtigenden Gehalt (z.B. „dahergelaufene Staatsanwältin“, „durchgeknallte Staatsanwältin“, „widerwärtige, boshafte, dümmliche Staatsanwältin“, „geisteskranke Staatsanwältin“, ist aber ein Bezug der Äußerung zur Sache (z.B. das von der Staatsanwältin geführte Ermittlungsverfahren) nicht ausgeschlossen, bedarf es für die Annahme einer Schmähkritik der Darlegung, dass sich die Äußerungen von der Sache (z.B. Ermittlungsverfahren) völlig gelöst hatten oder der Bezug zur Sache (z.B. Ermittlungsverfahren) nur als mutwillig gesuchter Anlass oder Vorwand genutzt wurde, um den Betroffenen (z.B. Staatsanwältin) als solche zu diffamieren.
BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 4. August 2016 – 1 BvR 2619/13 -, juris
Sehen die Fachgerichte eine Äußerung allein als Tatsachenbehauptung an, obwohl sie auch wertende Elemente enthält, dann verletzt das die Meinungsfreiheit des sich Äußernden, weil keine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des sich Äußernden und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen erfolgt ist. Fußt eine Schlussfolgerung auf Tatsachen, dann handelt es sich bei der Äußerung der Schlussfolgerung um eine nicht willkürlich aus der Luft gegriffene Wertung.