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Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Öffentlichkeit von Veranstaltungen

Die Medien haben ein legitimes Bedürfnis, sich aus erster Hand zu informieren. Innerhalb der durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen können sie bei Ereignissen und Veranstaltungen, an denen ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit besteht, anwesend sein.

1. Parlamente

Vertretern der Medien dürfen an Veranstaltungen des Staates im weitesten Sinne teilnehmen. Das gilt für die Sitzungen der Parlamente von Bund, Ländern und Gemeinden, die in aller Regel öffentlich und damit jedermann zugänglich sind. Dieses Öffentlichkeitsprinzip ist nicht medienrechtlich begründet, sondern unmittelbarer Ausdruck des Demokratieprinzips. Journalisten dürfen wie jedermann jederzeit an den entsprechenden Sitzungen teilzunehmen. Soweit die Parlamente oder ihre Ausschüsse aufgrund gesetzlicher Regelungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen, können auch die Medien kein Zutrittsrecht verlangen.

Rechtliche Schranken des Rechts auf Teilnahme an Parlamentssitzungen, die sich speziell an die Medien richten, sind unzulässig. Allerdings bleibt davon das Hausrecht der Veranstalters unberührt. Daraus können sich Einzelbeschränkungen ergeben – etwas hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang Bild- und Tonaufnahmen zulässig sind. Auch faktische Zutrittssperren können sich ergeben, wenn das Fassungsvermögen der Räumlichkeiten nicht ausreicht, um allen Interessierten Zugang zu gewähren.

2. Gerichtsverhandlungen

Auch bei Gerichtsverhandlungen leitet sich das Recht auf Zutritt für die Medien aus dem allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip ab. Die Rechtsprechung ist Teil der staatlichen Gewalt. Nach der historischen Erfahrung ist hier die Gefahr des Missbrauchs staatlicher Macht besonders groß. Deshalb ist die Teilnahme der Öffentlichkeit und der Medien an Gerichtsverhandlungen in §§169 ff GVG gesetzlich genau geregelt: Verhandlungen vor den Gerichten einschließlich der Verkündung von Entscheidungen sind öffentlich. Das gilt für die Straf- und Zivilgerichte, aber auch für die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit.

Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Öffentlichkeit dagegen

  • von Strafverfahren gegen Jugendliche nach § 48 JGG,
  • von Disziplinarverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung, von Verfahren vor dem Richterdienstgericht und dem Anwaltsgericht nach der Bundesrechtsanwaltsordnung.

Auch von prinzipiell öffentlichen Gerichtsverhandlungen kann die Öffentlichkeit, damit auch die Presse ausgeschlossen werden

  • wenn Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich von Prozessbeteiligten oder Zeugen zur Sprache kommen werden, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige private Interessen verletzen würdet
  • wenn private Geheimnisse erörtert werden sollen, deren Offenbarung strafbar ist.

Bei der Entscheidung über den Ausschluss muss das Gericht eine Güterabwägung anhand der Umstände des Einzelfalles vornehmen. Insbesondere muss es die Bestimmung des § 175 Abs. 2 GVG zu beachten, wonach auch bei Ausschluss der Öffentlichkeit einzelnen Personen – auch Vertreter der Medien – die Teilnahme erlaubt werden kann.

Das Gericht kann auch die eingeschränkte Öffentlichkeit beschließen und die Anwesenden für die darin erörterten Sachverhalte nach § 174 Abs. 3, l GVG zur Geheimhaltung verpflichten. Diese Geheimhaltungspflicht gilt dann auch für Vertreter der Presse. Ihre Verletzung ist nach § 353 d Nr. 2 StGB strafbar.

Zugangsbeschränkungen aus Platzgründen und damit zusammenhängende Arbeitsbeschränkungen müssen die Medien hinnehmen. Das Prinzip der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen dient ja nicht in erster Linie dem Unterhaltungs- oder gar Sensationsbedürfnis, sondern der Kontrolle und kritischen Begleitung der Rechtspflege durch die Öffentlichkeit. Diese sind auch gewährleistet, wenn eine größere Zahl, aber nicht alle interessierten Journalisten die Verhandlung verfolgen können.

Nur die Hauptverhandlung ist im Strafverfahren öffentlich. Daher können die Medien z.B. nicht beanspruchen, in der Vorbereitung der Hauptverhandlung oder im zeitlichen Zusammenhang mit ihr Zugang zu einem Angeklagten in der Untersuchungs- oder Auslieferungshaft zu erhalten.

Ton- und Filmaufnahmen

Aus dem Prinzip der Öffentlichkeit leitet sich kein Recht ab, während der Verhandlung zu filmen oder Tonaufnahmen vorzunehmen. Sie sind seit 1964 ausdrücklich verboten (§ 169 GVG). Das Verbot ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Es gilt absolut, d.h. es kann auch nicht durch die übereinstimmende Willenserklärung der Prozessbeteiligten außer Kraft gesetzt werden. Für Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht gelten seit 1998 Ausnahmen.

Ein Fotografierverbot lässt sich aus § 169 GVG nicht entnehmen. Ob und wann im Gerichtssaal fotografiert werden darf, bestimmt alleine der Gerichtsvorsitzende; er nimmt dabei das Hausrecht wahr. Die Medien haben hier keine größere Rechte als andere Anwesende.

3. Pressekonferenzen

Uneingeschränkten Zutritt müssen Behörden Medienvertretern zu Pressekonferenzen gewähren. Auch die privatrechtlich organisierte Bundes- oder Landespressekonferenzen können nicht willkürlich den Zugang zu den von ihnen veranstalteten Pressekonferenzen begrenzen. Der Ausschluss von Vertretern eines bestimmten Mediums wegen dessen politischer oder publizistischer Grundhaltung ist unzulässig.

Zulässig ist es aber, zu Pressekonferenzen mit besonders gefährdeten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens nur Journalisten zuzulassen, die sich einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen haben. Dieser Überprüfung muss sich aber dann jeder interessierte Journalisten unterziehen können.

Die Teilnehmer einer Pressekonferenz nach Sachkunde auszuwählen, ist ebenfalls nicht verboten. Es ist dann zulässig, wenn in behördlichen Pressekonferenzen Themen behandelt werden, deren Verständnis und journalistische Behandlung besondere Sachkunde erfordert. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Möglichkeit im begründeten Einzelfall für rechtens erklärt. Allerdings wäre es unzulässig, faktisch eine Zugangssperre für die journalistische Behandlung fachspezifischer Sachverhalte zu errichten, indem immer ein Nachweis früherer einschlägiger journalistischer Tätigkeit gefordert würde.

Bei Privaten, z. B. bei Unternehmenspressekonferenzen, sieht die Sache anders aus: Da es keinen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegen sie gibt, kann es auch keinen gesetzlich legitimierten Anspruch auf Zugang zu einer solchen Pressekonferenz geben.

Ereignisse in der Öffentlichkeit / Polizeiaktionen

Bei der Informationsbeschaffung über Unglücksfälle, gewalttätige Aktionen oder spektakuläre Kriminalfälle sowie die Aktivitäten der Polizei aus solchen Anlässen entsteht leicht ein Konflikt zwischen dem legitimen Informationsinteresse der Medien und den Erfordernissen der polizeilichen Aufgaben. Zur Bewältigung dieses Spannungsverhältnisses haben die Innenministerkonferenz sowie die einschlägigen Berufsverbände der Medien 1993 Verhaltensgrundsätze zur Vermeidung von Behinderungen verabschiedet. Darin erkennen die Beteiligten Rechte und Pflichten der Medien zur authentischen und ortsnahen Berichterstattung ausdrücklich an. Sie stellen aber fest, dass in Konfliktfällen das Leben und die Gesundheit Beteiligter Vorrang vor den Informationsinteressen der Öffentlichkeit haben müssen.

Journalisten dürfen sich im Rahmen ihrer Arbeit nicht zum Werkzeug von Straftätern machen lassen und den Tätern während des Tatverlaufs keine Gelegenheit zur öffentlichen Selbstdarstellung geben.

5. Private Veranstaltungen

Wie es keinen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegen Private gibt, kann es auch keinen Anspruch der Medien geben, zu privaten Veranstaltungen zugelassen zu werden. Veranstalter eines Theaterabends, eines Konzerts, aber auch eines Fußballspiels oder einer anderen sportlichen Veranstaltung bestimmen selbst, wen sie unter welchen Bedingungen hereinlassen.

Der Veranstalter unterliegt dabei auch gegenüber Pressevertretern nur wenigen Einschränkungen. Es gibt insbesondere keine Verpflichtung,

  • der Presse unentgeltlichen Zutritt zu gewähren, wenn alle anderen Besucher Eintrittsgeld bezahlen müssen;
  • die Presse bevorzugt mit Eintrittskarten zu bedienen oder für Pressevertreter Zugang zu Telefonen, Schreibcomputern o. ä. bereit zu halten.

Wenn Veranstalter die Presse in der Regel bevorzugt behandeln, tun sie dies freiwillig aus dem Interesse, über die Presse Öffentlichkeitswirkung herzustellen.

Die Freiheit privater Veranstalter, der Presse den Zutritt zu verweigern, kann in extremen Ausnahmesituationen ihre Grenzen haben. Etwa dann, wenn ein Veranstalter die Presse generell zulässt, aber einen bestimmten Kritiker ausschließt, weil er sich durch frühere Kritiken missliebig gemacht hat. Dann kommt ein Rechtsanspruch dieses Kritikers auf Zulassung zu denselben Konditionen in Betracht, wie sie den übrigen Pressevertretern auch eingeräumt werden. So hat für den Fall des Ausschlusses eines Theaterkritikers das Reichsgericht bereits im Jahre 1931 im Prinzip entschieden. Rechtsgrundlage eines solchen Zutrittsanspruchs ist das Verbot sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Dieser kann auch dort anwendbar sein, wo Veranstalter – etwa im Wege aufwendiger Pressekonferenzen – eine beachtliche Breitenwirkung erstreben und erzielen, einzelnen Journalisten aber ohne sachlichen Grund den Zutritt und damit die Berichterstattung verwehren sollten.

Wichtige Ausnahme: Richtet sich die Einladung zu einer Veranstaltungen in Form von Plakaten, Zeitungsanzeigen usw. an eine umfassende Öffentlichkeit, so haben die Medien einen gesetzlichen Zutrittsanspruch. Nach § 6 VersG kann der Veranstalter bestimmte Personen oder Personengruppen von dem Besuch öffentlicher Veranstaltungen in der Einladung ausschließen, nicht aber Pressevertreters. Obwohl dieser Begriff im Versammlungsgesetz nicht ausdrücklich definiert ist, fallen nach allgemeiner Auffassung auch Rundfunk- und Fernsehjournalisten darunter.

Versammlungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veranstaltungen, die der gemeinsamen Erörterung, Kundgebung oder Meinungsbildung dienen. Darunter fallen Demonstrationen ebenso wie politische Diskussionsveranstaltungen auf öffentlichen Plätzen oder Wahlkundgebungen. Öffentlich sind derartige Veranstaltungen, wenn grundsätzlich jedermann Zutritt hat, der Teilnehmerkreis also nicht näher bestimmt ist.

Hörfunk und Fernsehen

Etwas anders ist die Situation für die elektronischen Medien. Denn

  • die Aufzeichnung und Übertragung einer Veranstaltung in Bild und Ton greift unter Umständen unmittelbar in die Urheber- bzw. Leistungsschutzrechte von Darstellern, Komponisten, Autoren usw. ein.
  • die Arbeit einer größeren Zahl von Fernsehteams am Rande einer Veranstaltung kann zu erheblichen Störungen führen.

Unter dem Druck des wirtschaftlichen Wettbewerbs mit finanzstarken privaten Fernsehveranstaltern haben die öffentlich rechtlichen Fernsehveranstalter die Auffassung entwickelt, das ihnen ein Mindestmaß an Berichterstattung auch von privaten Veranstaltern eingeräumt werden müsse. Sonst könnten sie ihrem verfassungsrechtlich verankerten Informationsauftrag nicht entsprechen.

Die Länder haben nach langer Auseinander ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.

Aus der Rechtsprechung