Online Lexikon Presserecht
Presseinhaltsdelikt
Das Presseinhaltsdelikt ist eine Straftat, die von Presseangehörigen im Rahmen ihrer Berufsausübung durch ein Druckwerk begangen werden. Eine solche Straftat liegt vor, wenn Tatbestände des allgemeinen Strafrechts durch Äußerungen in der Presse erfüllt werden.
Damit es ein Presseinhaltsdelikt gibt, muss ein „Druckwerk strafbaren Inhalts“ existieren. Der gemeinsame Nenner dieser Art von Vergehen ist also nicht die Strafbestimmung, die verletzt wird, sondern die gemeinsame Begehungsform: die Verübung der Straftat durch eine Presseveröffentlichung.
Das Presseinhaltsdelikt ist abzugrenzen von den Presseordnungsdelikten bzw. Presseordnungswidrigkeiten: Das sind Verstöße gegen die in den Landespressegesetzen niedergelegten Ordnungsvorschriften, z.B. einen geeigneten verantwortlichen Redakteur zu bestellen, die Impressumsvorschriften einzuhalten oder vorgeschriebene Pflichtexemplare abzuliefern.
Um welche Straftaten geht es?
Presseinhaltsdelikte sind also Gedankenäußerungsdelikte. Inhaltlich zulässige Veröffentlichungen, die z.B. das Urheberrecht verletzten, sind keine Pressedelikte. Ebenso wenig die Straftatbestände des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften, deren Strafbarkeit in der Art und Weise der Verbreitung des Mediums liegen.
Die häufigsten Presseinhaltsdelikte sind
- Angriffe gegen Ehre und Persönlichkeit (§§ 185-200 StGB),
- seltener sind Delikte im Bereich des Staatsschutzes (§§80-101a StGB),
- verbotene Mitteilungen über Gerichtsverfahren (§ 353d StGB) sowie
- die Verbreitung pornographischer Schriften (§ 184 StGB).
Möglich als Presseinhaltsdelikte sind außerdem
- die Nötigung des Parlaments (§ 105 StGB),
- die Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Gesetze oder zu strafbaren Handlungen (§§ 110, 111 StGB),
- die Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder
- die Gotteslästerung (§ 166 StGB).
Wichtigste strafrechtliche Nebenfolge in Prozessen wegen Presseinhaltsdelikten ist die Einziehung von Schriften sowie die Unbrauchbarmachung der zu ihrer Herstellung bestimmten Gegenstände (§ 74d StGB).
Allgemeines Strafrecht und besondere Vorschriften
Auf Presseinhaltsdelikte werden die allgemeinen Regeln des Strafrechts angewendet – etwa die Vorschriften über Täterschaft und Teilnahme, über den Versuch, über Rechtfertigungsgründe und Schuldformen, über Art und Höhe der Strafe oder die Nebenfolgen der Strafbarkeit.
Daneben gelten für Presseinhaltsdelikte auch besondere Vorschriften:
- über die subsidiäre strafrechtliche Verantwortlichkeit des verantwortlichen Redakteurs oder des Verlegers,
- über die presserechtliche Verjährung
- den strafprozessualen Sondergerichtsstand der Presse (§ 7 Abs. 2 StPO).
Täter sind die Verfasser (ggf. der Informant), die um die Strafbarkeit ihres Handelns wussten oder hätten wissen müssen. Verleger, Drucker und weitere Mitglieder der Redaktion kommen, wenn sie von der Strafbarkeit des Presseinhalts wussten, als Gehilfen in Frage, wenn sie nur die fremde Tat unterstützt haben (§27 StGB).
Auch der verantwortliche Redakteur kann Täter oder Gehilfe sein, wenn er an der Veröffentlichung aktiv mitgewirkt und/oder sie ausdrücklich gebilligt hat.
Strafrechtliche Sonderhaftung
Sollte dies nicht der Fall sein, tritt subsidiär die strafrechtliche Sonderhaftung ein. Hat der Redakteur seine Sorgfaltspflicht bei der Überprüfung des Presseinhalts verletzt, kann er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Die gleiche Haftung trifft bei nichtperiodischen Druckwerken den Verleger, der seine Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt hat.
Es geht hier also nicht um die strafrechtliche Haftung für die Tat eines anderen, sondern um die Haftung für eine eigene Tat: für die Verletzung der presserechtlichen Sorgfaltspflicht. Diese Haftung entfällt, wenn der verantwortliche Redakteur oder der Verleger den Inhalt der Druckschrift mit ausreichender Sorgfalt überprüft haben (abweichende Sonderregelungen in Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen, Bremen, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen).
Presserechtliche Verjährung
Die normale Verjährungsfrist für Straftaten beträgt mindestens drei Jahre, je nach Schwere des Delikts sie bis zu dreißig Jahre (§78 StGB). Pressedelikte verjähren dagegen viel schneller:
- in einem Jahre bei Verbrechen
- in sechs Monaten bei Vergehen
- in drei Monaten bei Presseordnungswidrigkeiten (abweichende Sonderregelungen in den Landespressegesetzen von Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz).
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem das Druckwerk den Bereich der Presse verlässt und einem größeren Personenkreis zugänglich wird. Erst eine Neuauflage setzt eine neue Verjährungsfrist in Gang. Diese Regelung soll verhindern, dass jede einzelne Verbreitungshandlung neue Fristen in Gang setzt, wodurch Presseinhaltsdelikte u.U. erst nach langer Zeit verjähren würden.
Strafprozessualer Sondergerichtsstand der Presse
Gerichtsstand für Strafprozesse ist grundsätzlich der Sitz des Gerichts, in dessen Bezirk die Straftat begangen wurde (§7 Abs. l StPO). Für Presseinhaltsdelikte ist dies nicht praktikabel, weil sie auch an anderen Orten als dem Erscheinungsort begangen werden: Nach §9 Abs. 1 StGB ist eine Tat an jedem Ort begangen worden, an dem der Täter gehandelt hat oder an dem der Erfolg eingetreten ist. Das würde bedeuten, dass jedes Gericht zuständig wäre, in dessen Bezirk auch nur ein Exemplar des Druckwerks aufgetaucht ist.
Dieser sogenannte fliegende Gerichtsstand wurde für die Strafverfolgung (nicht für Prozesshandlungen wie Beschlagnahmen oder Verhaftungen) durch §7 Abs. 2 StPO beseitigt. Bei Presseinhaltsdelikten in inländischen Publikationen ist ausschließlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Druckwerk erschienen ist.
Eine Ausnahme gilt für Beleidigungen, die im Wege der Privatklage verfolgt werden: Hier ist weiterhin das Gericht des Verbreitungsortes zuständig, wenn die beleidigte Person dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.