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Online Lexikon Presserecht

Anzeigenblatt

Ein Anzeigenblatt ist ein periodisch (in der Regel wöchentlich) erscheinendes Printprodukt, das im Aussehen der Zeitung ähnelt, sich jedoch ausschließlich aus Anzeigen finanziert und kostenlos verteilt wird. Die Mehrzahl der Verlage liefert ihren Titel an alle Haushalte, die nicht in irgendeiner Form ausdrücklich dagegen Einspruch erheben.

In der Regel besitzen Anzeigenblätter zwar auch einen redaktionellen Teil mit lokalen bzw. sublokalen Inhalten. Darin unterscheiden sie sich von den Offertenblättern, die ausschließlich Anzeigen enthalten. Der Anteil des redaktionellen Teils am Gesamtumfang ist jedoch meist gering (meist unter 30 Prozent). Die Bedeutung des Anzeigenblattes für die Meinungsbildung ist meist weit niedriger einzuschätzen als die der klassischen Zeitung.

Anzeigenblätter sind also keine Zeitungen im Rechtssinne. Es gibt allerdings gratis verteilte Anzeigenblätter, deren redaktionelle Berichterstattung so umfang reich ist, dass sie als Ersatz der lokalen Zeitung dienen können und somit in Konkurrenz zur Tageszeitung stehen.

Anzeigenblätter sind Presseerzeugnisse

Nach der Rechtsprechung galten Anzeigenblätter lange Zeit nicht als Presseerzeugnisse. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgerichts urteilte 1986, bei Anzeigenblättern gehe es nicht um die Information. Ihnen fehle die „für den Begriff, Zeitung, erforderliche tagebuchartige Berichterstattung“. Der redaktionelle Teil sei nur Mittel, „um den Leser zum Lesen der Anzeigen zu veranlassen“.

Dem steht ein Urteil des Bundesgerichthofs entgegen, demzufolge ein Anzeigenblatt als Presseerzeugnis zu werten ist. Dafür sprechen auch einige Urteile zur Zustellung von Anzeigenblättern an Sonn- und Feiertagen. Ihnen lag die Tatsache zugrunde, dass es in weiten Kreisen der Bevölkerung ein tägliches Bedürfnis nach Presseerzeugnissen mit neuesten Nachrichten gibt. Der Befriedigung dieses Bedürfnisses dienten auch Wochenblätter, die sich mit dem aktuellen Geschehen befassen. Dabei sei unerheblich, dass diese kostenlos an die Haushalte verteilt würden.

Verbot von redaktioneller Werbung und Schleichwerbung

Als Presseerzeugnisse haben Anzeigenblätter das Gebot der Trennung von Anzeigeteil und redaktionellem Teil sowie das Verbot von Schleichwerbung zu beachten. Bei seinen redaktionellen Beiträgen hat das Anzeigenblatt zu beachten, dass diese im Hinblick auf Anlass und Umfang der Berichterstattung von einem Informations- oder Unterhaltungsinteresse des Lesers gedeckt sein müssen. Sind sie dies nicht und begünstigen sie fremden Wettbewerb, so liegt eine unzulässige Schleichwerbung vor.

Der häufig verwendete Trick, Schleichwerbung mit dem Hinweis „Anzeige“ zu versehen, bringt nichts. Ein solcher Hinweis ist nämlich nur zulässig, wenn es sich tatsächlich um eine Anzeige handelt, d. h. wenn eine Veröffentlichung vorliegt, die im Auftrag und gegen Entgelt abgedruckt wird. Ist das nicht der Fall, ist der falsche Hinweis ein Verstoß gegen das UWG.

Wann bei einem redaktionellen Beitrag die Grenze zur Schleichwerbung überschritten wird, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Über die einschlägigen Kriterien geben die vorliegenden Gerichtsentscheidungen und die Richtlinien der Verlegerorganisationen für redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften Aufschluss.

Wenn es sich bei dem redaktionellen Beitrag um einen mehr unterhaltenden als informierenden Beitrag handelt, ist hierbei eine niedrigere Meßlatte anzulegen. So kann beispielsweise in einem Gewinnspiel der von einem Hersteller gestiftete Preis lobend hervorgehoben werden. Die Grenze zur Schleichwerbung wird erst erreicht sein, wenn die Bewerbung des Produktes im Vordergrund steht und nicht mehr das Gewinnspiel. Auch dazu gibt es viele Gerichtsentscheidungen.

Da Trennungsgebot und Verbot der Schleichwerbung wettbewerbsrechtlich relevant sind, kann das Anzeigenblatt von einem Mitbewerber kostenpflichtig abgemahnt werden. Der Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht ist darüber hinaus nach den Landespressegesetzen eine Ordnungswidrigkeit.