Online Lexikon Presserecht
Ehrenschutz
Der Ehrenschutz ist neben dem Indiskretionsschutz und dem Recht am eigenen Bild von großer praktischer Bedeutung im Äußerungsrecht. Er ist strafrechtlich geregelt in den §§ 185 ff. StGB, die den einzelnen gegen Beleidigung (§ 185), üble Nachrede (§ 186) und gegen Verleumdung (§ 187) schützen.
Grundtatbestand ist § 185 StGB, der Schutz gegenüber herabsetzenden Meinungsäußerungen und Werturteilen in den Medien bietet. Gegen die Aufstellung und Verbreitung herabsetzender unwahrer Tatsachenbehauptungen schützen die §§ 186 (üble Nachrede) und 187 StGB (Verleumdung).
Hinzu kommen
- Vorschriften, die dem Schutz des Staates und seiner Symbole dienen,
- spezielle Vorschriften zum Schutz von Personen im politischen Leben
- Vorschriften zum Schutz der Ehre Verstorbener.
Wichtig ist noch § 193 StGB: Er nimmt herabwürdigende Äußerungen, die in Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden, von der Strafbarkeit aus, sofern sie nicht eine Formalbeleidigungenthalten.
Alle diese strafrechtlichen Bestimmungen sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Das BGB gewährt den Betroffenen neben Schadensersatz- und Widerrufsansprüchen in Verbindung mit § 1004 BGB auch Unterlassungsansprüche.
Zwischen dem Schutz der freien Rede (Meinungs- und Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG) und dem ebenfalls grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrecht (Art. 1 und 2 Abs. 1 GG) besteht ein grundlegendes Spannungsverhältnis. Mehr dazu….
Die Konsequenz: Die allgemeinen Gesetze setzen in diesem Punkt dem Grundrecht der Äußerungsfreiheit Schranken. Sie müssen ihrerseits aber unter Beachtung der zentralen Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer begrenzenden Wirkung wieder eingeschränkt werden.
1. Unwahre Tatsachenbehauptungen, die geeignet sind, andere herabzusetzen oder herabzuwürdigen, sind stets unzulässig, wenn die Unwahrheit feststeht.
2. Tatsachenbehauptungen, bei denen die Frage der Wahrheit oder Unwahrheit offen ist, dürfen aufgestellt oder verbreitet werden, wenn und soweit die Presse in Wahrnehmung berechtigter Interessen handelt. Darauf können sich Journalisten berufen, wenn sie über einen Gegenstand von öffentlichem Informationsinteresse berichtet und nachweisen können, dass sie bei der Recherche ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht genügt hat. Das Maß der anzuwendenden Sorgfalt richtet sich – wie stets – nach den Umständen des Einzelfalles. Hat die Presse sich in dieser Weise um wahre Berichterstattung bemüht, dann darf sie das Ergebnis der Recherchen, wenn sie es für zutreffend hält, veröffentlichen.
3. Nachrichten, deren Wahrheit nicht als sicher erwiesen erscheint, dürfen veröffentlicht werden, wenn die Wahrnehmung berechtigter Interessen dies geboten erscheinen lässt (Verdachtsberichterstattung). Die Presse kann also Vermutungen und Gerüchten wiedergeben, Fragen aufwerfen einen Verdacht äußern.
Erweisen sich der Verdacht, das Gerücht oder die in der Frage steckende Tatsachenbehauptung im nachhinein als unwahr, sind Wiederholungen unzulässig. Die Presse muss stets darauf hinweisen, dass sie einen bloßen Verdacht wiedergibt, und es bedarf eines Mindestmaßes an gesicherten Erkenntnissen auf Grund sorgfältiger Recherchen, um die Verbreitung eines Verdachtes oder gar Gerüchtes überhaupt zu rechtfertigen. Dies gilt auch für den bloßen Hinweis darauf, dass es den Verdacht oder das Gerücht gibt. Berichtet die Presse darüber, dass ein bestimmter Verdacht besteht oder dass ein bestimmtes Gerücht im Umlauf ist, dann muss sie deutlich machen, dass sie sich das Gerücht oder den Verdacht nicht zu eigen macht, sich ggf. sogar davon distanzieren. Andernfalls haftet sie als Verbreiter genauso wie für eigene Behauptungen. Die Wiedergabe ungesicherter Gerüchte aus der Privatsphäre ist unzulässig, sofern nicht ausnahmsweise ein überragendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht.
4. Meinungsäußerungen sind Bewertungen zur Person, zu ihrem Verhalten und ihrem Umfeld. Sie sind bis an die Grenze der Schmähkritik/Beleidigung zulässig. Dabei spielt die Berechtigung der Kritik und die Richtigkeit des Werturteils keine Rolle. Soweit es nicht um unwahre oder verfälschende Tatsachenaussagen, sondern um subjektive Meinungsäußerungen und Bewertungen geht, ist der Rechtsschutz der Person gegenüber einer herabsetzenden Behandlung in der Presse erheblich eingeschränkt.
Schmähkritik
Unzulässige Schmähkritik sind abwertende Ausfälle, in denen die Diffamierung der Person ganz im Vordergrund steht und in der Sache aus nicht begründet erscheinen. Der Begriff der Schmähkritik impliziert, dass auch übertriebene Polemik, selbst dort, wo sie herabwürdigt, noch nicht den strafrechtlich relevanten Grad von Miss- oder Nichtachtung erreicht, solange sie noch einen Bezug zu der Sache aufweist.
Auf der anderen Seite ist auch nicht jedes Werturteil, das die Grenze der Schmähkritik nicht überschreitet, von vornherein zulässig. Das hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen „Soldaten sind Mörder“ von 1995 gezeigt. Aber bei Fragen von öffentlichem Belang gilt zunächst eine Vermutung für die Zulässigkeit, die praktisch erst beim Nachweis der Schmähung entkräftet ist.
Im Bereich privater Auseinandersetzungen, in denen allein eigennützige Zwecke oder wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgt werden, können herabwürdigende Werturteile auch unterhalb der Grenze der Schmähkritik beleidigend und damit unzulässig sein.
Kreditgefährdung
Auch die Kreditwürdigkeit eines Zeitgenossen genießt den Schutz der Rechtsordnung. § 187 2. Alt. StGB und § 824 BGB schützen den Kredit vor Gefährdung, § 824 BGB verspricht darüber hinaus dem Erwerb und dem Fortkommen Schutz gegen mögliche Nachteile. Negative Einflüsse auf die geschäftlichen Entschließungen des Personenkreises sollen verhindert werden, der dem Betroffenen als Kreditgeber, als Abnehmer und Lieferant, als Auftrag- und Arbeitnehmer Existenz und Fortkommen im Wirtschaftsleben ermöglicht.
Dieser Schutz erstreckt sich auf unwahre Tatsachenbehauptungen, die keineswegs ehrenrührig sein müssen. Er greift schon bei Gefährdung ein. Meinungsäußerungen sind von diesen Vorschriften nicht erfasst.