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Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Beleidigung

Mit einem Bein vor dem Richter stehen Journalisten nicht gerade jeden Tag. Doch gerade wenn sie in der politischen Kontroverse gerne streitbar zur Sache gehen, können sie sich durchaus der Beleidigung schuldig machen.

Grundsätzlich haben die Meinungsäußerungsfreiheit und auch die Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit ihre Grenzen im Recht der persönlichen Ehre (Ehrenschutz). Jeder Mensch, auch der Verbrecher oder der Geisteskranke, hat einen Anspruch auf ein Mindestmaß an Achtung. Die Ehre des Menschen ist ein geschütztes Rechtsgut. Ihrem Schutz dienen die Strafvorschriften der §§ 185 ff. StGB. Zudem sind Ehrverletzungen wie z.B. die Beleidigung unerlaubte Handlungen im Sinne des § 823 Abs. l und 2 BGB, womit dem Betroffenen auch zivilrechtliche Ansprüche zustehen.

Was ist eine Beleidigung?

Die Beleidigung ist in § 185 StGB als allgemeinster Tatbestand des strafrechtlichen Ehrenschutzes unter Strafe gestellt.

Die Beleidigung ist abzugrenzen gegenüber den Tatbeständen der üblen Nachrede (§ 186 StGB) und der Verleumdung (§ 187 StGB). Alle drei Tatbestände setzen voraus, dass eine verächtlich machende oder im öffentlichen Ansehen herabwürdigende Äußerung über einen anderen aufgestellt oder verbreitet wird. Um eine üble Nachrede handelt es sich, wenn eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung gegenüber Dritten aufgestellt wird und sich die Wahrheit der Behauptung nicht beweisen lässt. Einer Verleumdung macht sich schuldig, wer wider besseres Wissen eine unwahre Behauptung aufstellt oder verbreitet.
Für die Beleidigung reicht eine Äußerung, mit der eine deutliche Missachtung oder Geringschätzung zum Ausdruck gebracht wird – aber natürlich nur, wenn dieser ein solches Urteil nicht durch sein Verhalten veranlasst hat. Eine angemessene Kritik ehrmindernden Verhaltens ist nicht beleidigend.

In erster Linie werden von § 185 StGB herabsetzende Werturteile erfasst. Ehrverletzende Tatsachenbehauptungen unterfallen § 185 StGB nur, soweit sie gegenüber dem Betroffenen selbst geäußert wurden. Es gibt damit drei Begehungsformen der Beleidigung:

  • Werturteile gegenüber dem Betroffenen
  • Werturteile über den Betroffenen gegenüber Dritten
  • Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Betroffenen.

Der Tatsachenbegriff im Strafrecht ist sehr weit. Demnach ist Tatsache alles, was wahr oder falsch sein kann und insoweit als Wahrheitsbehauptung der Nachprüfbarkeit zugänglich ist, ohne dass es auf die naturwissenschaftliche oder technische Möglichkeit eines Beweises ankommt.

Zur Beleidigung gehört, dass der Journalist die eigene Missachtung zum Ausdruck bringt oder sich die negative Wertung Dritter zu eigen macht. Über ehrkränkende Wertungen Dritter bloß mit journalistischer Distanz zu berichten, erfüllt den Tatbestand der Beleidigung nicht.

Die Unterscheidung zwischen „beleidigenden“ Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen ist presserechtlich wichtig, weil damit die Frage der Zulässigkeit eng zusammenhängt: Meinungsäußerungen, also Äußerungen mit Elementen der Stellungnahme und des Dafürhaltens, sind nämlich prinzipiell als Beitrag zum geistigen Meinungskampf geschützt, wenn es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage geht.

Aus dem Wortlaut einer Äußerung allein lässt sich diese Abgrenzung oft nicht einwandfrei treffen. Je nach Kontext kann eine Aussage mit demselben Wortlaut einmal als Tatsachenbehauptung und ein andermal als Meinungsäußerung zu behandeln sein. Die Bezeichnung „alter Nazi“ kann eine Tatsachenbehauptung sein, wenn sie darauf anspielt, dass der Betroffene sich als Nationalsozialist hervorgetan hat und heute immer noch nationalsozialistisches Gedankengut äußert. Ist eine solche Äußerung aber auf einen politischen Gegner gemünzt, der nach seinem Alter nicht Mitglied der NSDAP gewesen sein kann, ist dieselbe Formulierung als reine Meinungsäußerung anzusehen.

Eine unzutreffende Einordnung als Tatsachenbehauptung verletzt die Meinungsfreiheit des Betroffenen, weil sie eine erforderliche Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des sich Äußernden und dem allgemeinen Persönlichkeit des Betroffenen unterlässt.

Verbindung von Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung

Herabsetzende Meinungsäußerungen, die auf unwahren Tatsachenbehauptungen beruhen, sind dagegen nicht gerechtfertigt. Eine Kombination von Meinung und Tatsachenbehauptung liegt vor bei einer Meinungsäußerung mit einem Tatsachenkern.
In solchen Fällen ist der Begriff der Meinung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes weit zu verstehen. Ist die kombinierte Äußerung von Elementen der Stellungnahme des Dafürhaltens oder Meinens geprägt, wird sie als Meinung vom Grundrecht geschützt. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälsche. Bei Schlussfolgerungen über Beweggründe oder etwaige Absichten Dritter handelt es sich eher um Werturteile als um Tatsachenbehauptungen.

Wo beginnt die Schmähkritik

Wer unsinnige Vorschläge zu Steuerpolitik als „dummes Geschwätz“ bezeichnet, hat deshalb vor Gericht nichts zu befürchten. Einem Oberbürgermeister in einem entsprechenden Sachzusammenhang „kinderfeindliche“ Politik vorzuwerfen, ist im politischen Streit durchaus möglich. Meinungsäußerungen in Angelegenheiten von allgemeinem („öffentlichem“) Interesse stehen unter einem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG).

Auch abwertende und wegen ihrer Form erheblich kränkende Formulierungen im Meinungskampf sieht die Rechtsprechung als erlaubt an, so lange sie zum Gegenstand der Auseinandersetzung „Sachnähe“ haben. Dann handelt es sich um übertreibende, griffige, einprägsame Formulierungen, die nicht wörtlich genommen werden wollen, aber leicht erkennen lassen, in welche Richtung die Vorwürfe gehen.

Die Meinungs- und Pressefreiheit erlaubt jedoch keine groben Beschimpfungen, keine sogenannte „Schmähkritik“. Das ist eine Kritik, bei der nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt. Näheres dazu finden Sie hier.

Darf Satire alles?

Satiren und Karikaturen leben davon, dass sie überzeichnen, in grotesk-verzerrender Weise pointieren oder verfremden. Dafür genießt der Autor einer Satire einen recht großen Freiraum. Deshalb darf die Satire aber noch längst nicht alles. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen der satirischen Einkleidung, Überzeichnungen und Verfremdungen sowie dem versteckten, aber erkennbaren Aussagekern. Die satirische Einkleidung ist grundsätzlich frei. Enthält aber der Aussagekern ehrenrührige Werturteile oder Tatsachenbehauptungen, so gelten die allgemeinen Bestimmungen des Strafrechts auch hier. Näheres dazu finden Sie hier.

Wen kann man beleidigen?

Opfer einer Beleidigung können lebende Personen sein – auch Kinder oder geistig Behinderte. Daneben sind auch Personengemeinschaften, juristische Personen und auch Personengruppen unter einer Kollektivbezeichnung beleidigungsfähig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Verstorbene werden von den Beleidigungstatbeständen nicht erfasst. Für sie gibt es die Spezialvorschrift des § 189 StGB über die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener.

Als Beleidigung kann eine Äußerung nur verfolgt werden, wenn sie individuell erkennbar werden lässt, wer damit angegriffen werden soll. Näheres dazu finden Sie hier.

Rechtliche Folgen der Beleidigung

Die Beleidigung wird normalerweise mit einer Geldstrafe geahndet, in schweren Fällen droht Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Zusätzlich ist mit zivilrechtlichen Ansprüche zu rechnen (Anspruch auf Unterlassung, Widerruf oder Berichtigung und Ersatz materiellen und immateriellen Schadens). Näheres dazu finden Sie hier.

Wer steht vor dem Richter?

Täter ist in erster Linie der Verfasser des Beitrages. Haben weitere Journalisten am Verfassen der strafbaren Inhalte mitgewirkt, so haften sie als Mittäter.

Verantwortliche Redakteure z. B. können wegen Beihilfe herangezogen werden, allerdings nur, wenn ihnen ein konkreter Tatbeitrag nachgewiesen werden kann. Etwas Anderes ist die besondere strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Redakteurs bzw. bei der nichtperiodischen Presse des Verlegers.

Und schließlich die zivilrechtlichen Folgen: Da haften Verfasser und Verlag gesamtschuldnerisch. Wenn Sie es noch genauer wissen wollen – lesen Sie hier.

Aus der Rechtsprechung: Wichtige und interessante Urteile finden Sie hier.

Das Gesetz im Wortlaut