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Online Lexikon Presserecht

Ausnahmen

Nicht jedes Medium, das jugendgefährdend ist, darf ohne weiteres indiziert werden. § 18 Ab. 3 JuSchG nennt Ausnahmetatbestände, die im Indizierungsverfahren zu berücksichtigen sind: So dürfen Medien nicht allein wegen ihres politischen, sozialen, religiösen oder weltanschaulichen Inhalts indiziert werden, auch wenn sie jugendgefährdend sind. Ergibt sich die Jugendgefährdung auch aus anderen Gesichtspunkten, steht einer Indizierung nichts im Wege.

Verfassungsfeindliche Medieninhalte genießen den Schutz dieser Klausel nicht, da sie dem Grundgesetz zuwiderlaufen. Sie dürfen demnach auch dann indiziert werden, wenn sich die Jugendgefährdung ausschließlich aus ihrer politischen Aussage ergibt. Das betrifft vor allem neonazistische Propaganda.

Außerdem können Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre den Vorrang vor dem Jugendschutz beanspruchen. Zum Kunstvorbehalt haben die höchsten Gerichte mehrfach Stellung genommen und dabei ihre Ansicht zu der Frage, wie Kunst und Jugendschutz miteinander zu vereinbaren sind, wiederholt geändert. Die aktuellste Aussage zum Verhältnis Kunst – Jugendschutz ist der Mutzenbacher-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.11.1990 zu entnehmen:

Kunst ist danach Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Künstlers zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Dies ist unmittelbarer Ausdruck der Persönlichkeit des Künstlers. Die Kunstfreiheit umfasst auch die Wahl eines jugendgefährdenden, z.B. Gewalt und Sexualität aufgreifenden Inhalts sowie dessen Verarbeitung nach der von dem Künstler selbst gewählten Darstellungsart.

Ob der Kunst der Vorrang vor dem Jugendschutz eingeräumt werden muss oder ob die Jugendgefährdung so schwer ist, dass die Kunstfreiheit dahinter zurücktreten muss, ist eine Frage der Abwägung beider Rechtsgüter. Ist im Ergebnis der Kunst der Vorrang einzuräumen, so ist eine Indizierung trotz Jugendgefährdung nicht zulässig. Überwiegt dagegen die Jugendgefährdung, so darf das Kunstwerk indiziert werden.

Grundsätzlich ist alles von einer Indizierung ausgenommen, was Wissenschaft, Forschung und Lehre dient. Hierauf berufen sich gerne Verfasser von revisionistischer Geschichtsliteratur, in der die Ursachen des Zweiten Weltkrieges unrichtig dargestellt, bzw. die NS-Verbrechen verharmlost oder geleugnet wird. Der Wissenschaft, Forschung und Lehre dient ein Medium aber nur dann, wenn die Tatsachen genau und richtig wiedergegeben werden.

Wie Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre kann auch das öffentliche Interesse Vorrang vor einer Indizierung beanspruchen. Das ist z.B. der Fall, wenn es sich um etwas handelt, über das die Allgemeinheit informiert sein sollte oder wenn die Allgemeinheit um Mithilfe zur Aufklärung von Verbrechen gebeten wird und die Darstellung in Form einer Berichterstattung erfolgt.