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Online Lexikon Presserecht

Durchsetzung des Anspruchs

Die Gegendarstellung kann in einem landesrechtlich geregelten Verfahren, auf das die Vorschriften der ZPO über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprechend anwendbar sind, in den Ländern Bayern, Hessen und Sachsen im Verfahren der einstweiligen Verfügung vor einem Zivilgericht durchgesetzt werden. In Bayern steht das zwar so nicht im Gesetz, die Rechtsprechung hat es aber zur Praxis gemacht.
Die Landespressegesetze von Bayern, Hessen und Sachsen erlauben es, den Anspruch anstatt aber nicht neben dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auch im Wege der normalen Klage geltend zu machen.

Betroffene können also sehr wirksam in einem beschleunigten Verfahren ihren Anspruch durchsetzen. Nicht selten entscheiden die Gerichte im Beschlusswege, d.h. ohne mündliche Verhandlung. Wenn es eine mündliche Verhandlung gibt, wird diese meistens sehr kurzfristig angesetzt.

Das gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung des Anspruchs muss der Betroffene nicht sofort einleiten. Er kann aber auch nicht allzu lange abwarten, ob seine Gegendarstellung nicht doch irgendwann veröffentlicht wird. Geht er mit dem Begehren auf einstweilige Verfügung erst Monate später zum Gericht, muss er sich sagen lassen, dass der Anspruch verwirkt ist. Die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens zwei Monate nach Zuleitung der Gegendarstellung hat bereits zur Zurückweisung eines Anspruchs geführt. In Bayern gilt generell – also auch für das Verfahren – die Aktualitätsgrenze.

Die Entscheidung des Gerichts ist sofort vollstreckbar. Legt der Verlag Rechtsbehelfe ein, wird er zweckmäßiger Weise nach §§ 924 Abs. 3, 707 ZPO gleichzeitig beantragen, die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über diese Rechtsbehelfe auszusetzen. Darauf werden sich die Richter jedoch nur einlassen, wenn sich Zweifel daran begründen lassen, ob die Anordnung des Abdrucks oder der Verlesung rechtmäßig ist. Die einmal erfolgte Veröffentlichung kann ja nicht rückgängig gemacht werden.

Anders als im normalen Zivilprozess gibt es bei der Gegendarstellung kein Hauptsacheverfahren. Ausnahme Bayern, Hessen und Sachsen.

Ein Gegendarstellungsanspruch muss immer in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden; er lässt sich nicht mit anderen zivilrechtlichen Ansprüchen in einem Verfahren verbinden.

Zuständig sind die Amts- oder Landgerichte. Instanzenzug und Verfahren enden, wenn das Landgericht zuständig ist, bei den Oberlandesgerichten. Der Bundesgerichtshof kann nicht angerufen werden, denn im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist die Revision nicht zugelassen.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz des Verlages oder des Rundfunkveranstalters, wenn der Betroffene den verantwortlichen Redakteur in Anspruch nimmt, nach dessen Wohnsitz. Das gilt bei den Veranstaltern von privatem Rundfunk auch dann, wenn sie durch eine Landesmedienanstalt in einem anderen Bundesland lizensiert sind.

Der so genannte fliegende Gerichtsstand der Presse, der es Betroffenen erlaubt, andere zivilrechtliche Ansprüche bei jedem inländischen Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die fragliche Zeitung oder Zeitschrift verbreitet wird, ist bei Gegendarstellungsansprüchen nicht anwendbar. Gerichtsstandsvereinbarungen sind wirkungslos, weil es um nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten geht.

Von der Frage der örtlichen Zuständigkeit zu unterscheiden ist die Frage, welches Recht im Einzelfall anwendbar ist. Maßgeblich dafür ist der Erscheinungsort, das ist in aller Regel der Verlagsort. Die Auffassung, wonach bei überregionalen Tageszeitungen mit Regionalausgaben Erscheinungsort der Sitz der Lokalredaktion sein kann, ist umstritten. Danach würden für eine Zeitung u.U. abweichende Rechtsordnungen gelten, je nachdem ob der Bericht aus der Lokal- oder der Zentralredaktion kommt. In derartigen Fällen wäre auch zu klären, ob neben dem Sitz des Verlages auch der Sitz der Lokal- oder Regionalredaktion als Gerichtsstand zur Durchsetzung eines Gegendarstellungsanspruchs in Betracht kommt. Das ist nach Auffassung des LG Stuttgart nicht der Fall (AfP 02,340).

Noch unübersichtlicher ist es beim Rundfunk. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ergibt sich das anwendbare Recht aus den Gesetzen und Staatsverträgen, die für die jeweils ausstrahlende Anstalt maßgeblich sind. Für den privaten Rundfunk gelten die jeweiligen Landesmedien- bzw. Landesrundfunkgesetze. Mit welchem Landesrecht es der Betroffene bei Veranstaltern des privaten Rundfunks zu tun bekommt, hängt vom Sitz der Landesmedienanstalt ab, die dem Sender die Zulassung erteilt hat – nicht etwa vom Hauptsitz des Senders.

Wie wird das Gericht entscheiden?

Die Rechtsprechung geht auseinander in der Frage, ob und in welchem Umfang eine Gegendarstellung im gerichtlichen Verfahren verändert werden kann. Weil die Gegendarstellung ohne Einschaltungen und Weglassungen abgedruckt werden muss, weil es sich um die höchstpersönliche Erklärung des Betroffenen handelt und deshalb jede Gegendarstellung als besonderer Streitgegenstand angesehen wird, bestehen die meisten Gerichte strikt auf dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“. Eine entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts geänderte Gegendarstellung muss erneut außergerichtlich geltend gemacht werden, indem der Betroffene sie dem Medium zuleitet.

Andere Gerichte gestatten selbständige Kürzungen bei mehrgliedrigen Gegendarstellung ohne erneute Zuleitungspflicht an den Verlag oder den verantwortlichen Redakteur. Der Verpflichtete, der die Gegendarstellung ohne Einschaltungen und Weglassungen abdrucken muss, muss aber dabei stets Gelegenheit erhalten, den Anspruch unter Verwahrung gegen die Kosten anzuerkennen.

Die Modalitäten des Abdrucks einer Gegendarstellung kann das Gericht jederzeit ändern oder ergänzen – einer erneuten Formulierung, Unterzeichnung und Zuleitung an das Medium bedarf es nicht.

In Bayern ist die Ablehnung eines berechtigten Gegendarstellungsanspruchs strafbar, die Durchsetzung einer Gegendarstellung, die in wesentlichen Punkten unwahr ist, ebenfalls.