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Online Lexikon Presserecht

Rundfunkurteile BVF

Das Bundesverfassungsgericht hat in acht „Rundfunkurteilen“ den Rahmen der Verfassung ausgefüllt. In seinem ersten Urteil hat es nicht nur dem Bund die Kompetenz zur Regelung und Veranstaltung von Rundfunk abgesprochen, weil Rundfunk ein „kulturelles Gut“ sei und damit nach Artikel 30 und 70 des Grundgesetzes in die Länderkompetenz falle. Der Rundfunk sei nicht nur Medium, so das Gericht, sondern selbst ein wichtiger Faktor der Meinungsbildung. Deshalb sei die Garantie für einen freien, pluralistischen Rundfunk eine „öffentliche Aufgabe“: Der Rundfunk müsse staatsfrei sein. Der Veranstaltung von Rundfunk durch private Unternehmen stehe verfassungsrechtlich grundsätzlich nichts entgegen.

Dies konkretisierte das Gericht im dritten Rundfunkurteil von 1981: Für privaten Rundfunk müsse ein gesetzlicher Ordnungsrahmen und eine staatliche Aufsicht geschaffen werden, wodurch die Meinungsvielfalt sichergestellt wird. Einzelheiten überließ das Gericht dem Gesetzgeber. Dieser könne sich für ein binnenplurales System entscheiden, durch dass den Veranstaltern die Meinungsvielfalt durch Gremien auferlegt wird. Auch ein außenplurales System, das Meinungsvielfalt durch eine Vielzahl von verschiedenen Programmen sichert, sei möglich.

1986 segneten die Verfassungsrichter das Nebeneinander von privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk verfassungsrechtlich ab. Das Gericht betonte, dass in der „dualen Rundfunkordnung“ der öffentlich-rechtliche Rundfunk gewährleisten müsse, dass alle Zuschauer und Hörer Sendungen empfangen können, die den Ansprüchen des Grundgesetzes genüge tun. Dies könne von Privaten nicht verlangt und auch nicht geleistet werden.

Aus Art. 5 GG „Freiheit der Berichterstattung“ hat das Bundesverfassungsgericht also Grundsätzen für die Programmqualität abgeleitet, die heute in allen Gesetzen über den öffentlichrechtlichen und privaten Rundfunk zu finden sind. In ihren wird gefordert, dass Programme

  • zur Verwirklichung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beitragen
  • zur Darstellung der Vielfalt in Deutschland und Europa mit einem angemessenen Anteil an Informationen, Kultur und Bildung beitragen sollen,
  • zur Förderung von europäischen Produktionen den Hauptteil ihrer Film-Sendezeit europäischen Werken vorbehalten sollen,
  • einen gewissen Anteil an Wortbeiträgen enthalten sollen,
  • Kirchen auf Verlangen Sendezeit für religiöse Sendungen zur Verfügung stellen müssen.

In seinem sechsten Rundfunkurteil spricht das Bundesverfassungsgericht eine Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus. Es definiert, was „Grundversorgung“ durch Rundfunk bedeutet und demzufolge Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist:

1. Rundfunkempfang für alle durch flächendeckende technische Empfangbarkeit sicherstellen,

2. weltanschauliche Ausgewogenheit wahren,

3. die Meinungsvielfalt möglichst vollständige widerspiegeln,

4. möglichst aller Bereiche, in denen sich Meinungsprozesse abspielen, abdecken (Spartenvielfalt).
Diesen klassischen Rundfunkauftrag können private Veranstalter in den Augen des Gerichts nicht in vollem Umfang erfüllen.

In seinem siebten und achten Rundfunkurteil von 1992 und 1994 entwickelte das Gericht schließlich Grundsätze zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Gebühren und sicherte ihm hierdurch auch finanziell Bestand