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Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Wer steht vor dem Richter?

Jede strafrechtliche Haftung geht von einer persönlichen Täterschaft aus – das gilt auch für Pressedelikte.

  • Täter ist in erster Linie der Verfasser des Beitrages. Zeichnen mehrere Personen namentlich als Verfasser, so wird das Gericht prüfen, auf welchen der Verfasser die inkriminierte Passage zurückgeht, denn nur er ist strafrechtlich verantwortlich. Ist ein Beitrag nicht namentlich gekennzeichnet, muss eine Redaktion den Namen des Verfassers nicht preisgeben (Zeugnisverweigerungsrecht).
  • Haben mehrere Journalisten am Verfassen der strafbaren Inhalte mitgewirkt, so haften sie als Mittäter.
  • Täter kann auch ein Redakteur sein, der nicht selber Autor ist, aber die Veröffentlichung als eigene Handlung mitgetragen hat. In der Zeitung könnte das zum Beispiel ein Ressortleiter sein, der die Veröffentlichung angeordnet hat, obwohl Mitglieder der Redaktion auf den möglicherweise strafbaren Inhalt hingewiesen hatten. Bei Hörfunk können auch Redakteure in Betracht kommen, die den Beitrag mit strafbarem Inhalt verlesen oder moderiert haben.
  • Redakteure, Ressortleiter, Chefredakteur, Herausgeber usw., die ohne Verfasser zu sein an dem Bericht mitgewirkt haben, können nur strafrechtlich – in der Regel wegen Beihilfe – herangezogen werden, wenn ihnen ein konkreter Tatbeitrag nachgewiesen werden kann.

Etwas Anderes ist die besondere strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Redakteurs bzw. bei der nichtperiodischen Presse des Verlegers. Sie haben nach den Landespressegesetzen die Verpflichtung, das Druckwerk oder die Rundfunksendung von strafbaren Inhalten freizuhalten.

Hat der presserechtlich Verantwortliche dies schuldhaft versäumt, hat er sich ebenfalls strafbar gemacht – und zwar auch dann, wenn der Autor bekannt ist und strafrechtlich belangt wird. Schuldhaft versäumt bedeutet: eine vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung muss vorliegen – das NRW-Presserecht verlangt grobe Fahrlässigkeit (= leichtfertiges Handeln), leichte Fahrlässigkeit reicht nicht aus.

Kann der verantwortliche Redakteur darlegen, dass er die übliche pressemäßige Sorgfalt bei der Prüfung an den Tag gelegt hat, ist er aus dem Schneider. Hat er den Artikel gelesen und kann ihm der Autor auf Rückfrage seine Darstellung plausibel begründen, so wird dies nor-malerweise ausreichen. Denn von ihm kann nicht verlangt werden, dass er jede Information und Aussage im Detail überprüft.

Für die zivilrechtlichen Folgen einer Beleidigung haften – sofern bekannt – der Verfasser des Beitrages sowie nach ständiger Rechtsprechung stets der Verlag bzw. der Rundfunkveranstalter. Nicht in der Haftung ist jedenfalls der presserechtlich Verantwortliche. Grundsatz: Der wirtschaftliche Träger einer Publikation soll auch das damit verbundene Haftungsrisiko tragen.

Haftet ein Mitarbeiter neben dem Verlag oder Rundfunkveranstalter persönlich, so haften beide als Gesamtschuldner. Ob dem Mitarbeiter hinsichtlich der Prozesskosten und eventueller finanzieller Ansprüche (Ersatz immateriellen Schadens) des Betroffenen ein Freistellungsanspruch zusteht, ist eine Frage des Arbeits- bzw. Honorarvertrages. Ist darin nichts geregelt, besteht ein solcher Anspruch nicht, wenn der Journalist grob fahrlässig gehandelt hat.