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Tageszeitung e.V.

Online Lexikon Presserecht

Aus der Rechtsprechung

Informationsinteresse

AfP 02/249

LG Berlin: Auch als Satire ist eine Fotomontage eines nackten Körpers mit aufgesetztem Kopf unzulässig

AfP 02/417

BverfG: Satire kann Kunst sein, nicht jede Satire ist zugleich Kunst. Ebenso wie bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von Karikaturen kommt es für die rechtliche Einordnung als Kunst maßgeblich darauf an, ob die Darstellung das geformte Ergebnis einer freien schöpferischen Gestaltung ist. Dies ist nicht schon bei jeder bloßen Übertreibungen, Verzerrung und Verfremdung der Fall. Bei der Deutung einer glossierenden, satirischen oder karikaturhaft übersteigerten Äußerung sind darauf bezogene „werkgerechte Maßstäbe“ anzulegen. Um ihren Aussagegehalt festzustellen, sind derartige Äußerungen ihrer in Wort und Bild gewählten formalen Verzerrung zu entkleiden. Eine Satire oder ähnliche Übersteigerung darf als Stilmittel der Kommunikation grundsätzlich nicht schon selbst als Kundgabe der Missachtung gewürdigt werden. Der Aussagekern und seine Einkleidung sind vielmehr gesondert daraufhin zu überprüfen, ob Sie eine Kundgabe der Missachtung gegenüber der betroffenen Person enthalten. Enthält die Äußerung ehrenkränkenden Inhalt, muss eine Abwägung unter Berücksichtigung der Beeinträchtigungen vorgenommen werden, die jedem der beiden Rechtsgüter droht.

AfP 00/463

BGH: Zulässigkeit von extremen Meinungsäußerungen: Babycaust, Kindermord im Mutterschoß

AfP 00/565

BverfG: Bezeichnung eines anderen als Jude ist nicht per se herabsetzend und verletzt nicht per se die Menschenwürde.

AfP 01/65

KG: Der Verbreiter einer Äußerung leistet nur dann haftungsrechtlich einen verantwortlichen Tatbeitrag, wenn er sich den Inhalt des Zitats zur eigen macht. Die Presse kann berechtigt sein, ein Zitat auch dann zu veröffentlichen, wenn es stark diffamierenden Charakter hat: „Der Mann ist solche Bundesscheiße, da möchte man überhaupt nicht reintreten“. Originalaussage: Hundescheiße.

AfP 00/167

BGH: Kein Widerruf rechtmäßig aufgestellter unwahrer Tatsachenbehauptungen; der Begriff Schmähkritik ist eng auszulegen. Bestätigung von BVerfG: NJW 95,3303 und folgenden:
Bei mehrdeutigen Äußerungen müssen sich die Gerichte im Bewusstsein der Mehrdeutigkeit mit den verschiedenen Deutungsmöglichkeiten auseinandersetzen und dürfen die Gerichte die zur Verurteilung führende Bedeutung nicht zugrunde legen, ohne vorher die anderen möglichen Deutungen mit schlüssigen Erwägungen ausgeschlossen zu haben, andernfalls liegt ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG vor (BVerfG AfP 00,555; 01,382; 03,149)

AfP 01/245

LG Berlin: Böse Onkelz: ein Wortspiel, das Assoziationen zu rechtem Gedankengut weckt, ist keine Schmähkritik

AfP 01/336

OLG Karlsruhe: Keine Schmähkritik bei unpassender Erwähnung körperlicher Merkmale einer Person: Kleingewachsener Patriarch und Schikanör.

AfP 01/382

BverfG: Die Verhängung einer Strafe für eine Meinungsäußerung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nur zulässig, wenn die Äußerung dem Äußernden zugerechnet werden darf. Mit Artikel 5 Grundgesetz wäre es nicht vereinbar, wenn Meinungsäußerungen mit dem Risiko verbunden wären, wegen einer nachfolgenden Deutung einer Äußerung durch die Strafgerichte verurteilt zu werden, die dem objektiven Sinn diese Äußerung nicht entsprach. Ist eine Äußerung mehrdeutig, so haben die Gerichte, wollen sie die zur Verurteilung führende Bedeutung ihre rechtliche Würdigung zugrunde legen, andere Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren Gründen auszuschließen. Handelt es sich bei der Äußerung um ein überspitzt ironische Kritik an dem Verhalten einer politisch auftretenden Person so scheidet die Annahme einer Schmähkritik in der Regel aus. Ironisch gemeinter Rat, der Betroffene solle lieber einen Arzt aufsuchen. Bei mehrdeutigen Äußerungen müssen sich die Gerichte im Bewusstsein der Mehrdeutigkeit mit den verschiedenen Deutungsmöglichkeiten auseinandersetzen und dürfen die Gerichte die zur Verurteilung führende Bedeutung nicht zugrunde legen, ohne vorher die anderen möglichen Deutungen mit schlüssigen Erwägungen ausgeschlossen zu haben, andernfalls liegt ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG vor (BVerfG AfP 00,555; 01,382; 03,149)

AfP 02/169

BGH: Wertende, nicht mit unwahren konkreten Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit des Artikel 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogenen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als unzulässig Schmähkritik angesehen werden. Äußerung: Die Klägerin verhalte sich gegenüber dem publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler, bei dem am ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, dass man nur 100 Gramm bekommen habe und das sei ja Betrug. Die Äußerung ist keine Schmähkritik. Die Äußerung, die Klägerin gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein, ist nicht Tatsachenbehauptung sondern Meinungsäußerung.

AfP 03/41

BverfG: Meinungsfreiheit bei volksverhetzenden rhetorischen Fragen: „Benehmen sich so Gäste? Terror von Türken an Deutschen. Ethnische Säuberung an Deutschen in Deutschland? Türkisches Rollkommando mit Taxis zum Einsatz. Darf die Polizei nicht helfen?“ sind keine Volksverhetzung. Rhetorischen Fragen sind nur scheinbar Fragen; sie werden nicht um einer Antwort willen geäußert, sondern bilden Aussagen, die entweder als Tatsachenbehauptungen oder Werturteile (Meinungsäußerungen) zu behandeln sind.

AfP 03/43

BverfG: Wenn eine Äußerung fälschlich als Wertung eingeordnet und dann als Schmähung angesehen wird, mit der Folge, dass eine Aufklärung der Wahrheit der zugrunde gelegten Tatsachen und eine konkrete Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles unterbleibt, so liegt darin ein verfassungsrechtlich erheblicher Fehler. Die Aussagen: „Herr H. zeichnet sich dadurch aus, dass er rassistisches Gedankengut verbreitet, gekoppelt mit Ausländerhass gegen über Türken, dass er die Kinder ohne Einwilligung der Eltern körperlich angreift und dass er als Pädagoge nicht in der Lage ist, die Klasse ordnungsgemäß zu führen“ verbunden mit der Darstellung verschiedener Verhaltensweisen und Äußerungen des Klägers im Anschluss hieran, ist nicht schmähende Wertung, sondern Tatsachenbehauptung.

AfP 03/452

OLG Karlsruhe: Kritik an Abtreibung mit Formulierungen wie „Mord an unseren Kindern“ und „neuer Holocaust“ ist zulässig, Bezeichnung der Abtreibung als rechtswidrig ist eine Tatsachenbehauptung und nicht gleichzusetzen mit gesetzwidrig.

AfP 03/535

BverfG: Bei einer Meinungsäußerung, die auf unwahren Tatsachenbehauptungen aufbaut, hat die Meinungsfreiheit auch dann im Zuge der Abwägung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten, wenn keine Schmähkritik vorliegt

AfP 04/49

BverfG: Der Verbreiter einer Äußerung leistet nur dann haftungsrechtlich einen verantwortlichen Tatbeitrag, wenn er sich den Inhalt des Zitats zur eigen macht. Die Presse kamen berechtigt sein, ein Zitat auch dann zu veröffentlichen, wenn es stark diffamierenden Charakter hat: „Der Mann ist solche Bundesscheiße, da möchte man überhaupt nicht reintreten.“ Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen.

AfP 03/539

BverfG: Fall Schröder Haare – Presseagenturen treffen in gleichem Umfang Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich der verbreiteten Nachricht wie andere Presseunternehmen auch.

AfP 00/88

BGH: Lässt sich aus mitgeteilten wahren Tatsachen eine bestimmte ehrverletzende Schlussfolgerung ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie einem unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger naheliegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen der Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Anschein entstehen kann.

00/174

OLG München: Verdeckte Aussage ist nur dann einer offenen gleichgestellt, wenn der Autor durch das Zusammenspiel der Äußerungen eine eigene Sachaussage macht oder sie dem Leser als unabweisbare Schlussfolgerung nahe legt. Weite Auslegung der Äußerung unzulässig. Für eigene Schlussfolgerungen der Leser ist der Autor nicht verantwortlich.

AfP 01/63

OLG München: Bei verdeckten Behauptungen reicht es aus, wenn jedenfalls ein nicht unerhebliche ein Teil der Durchschnittsempfänger der Äußerung auf die nicht ausdrücklich ausgesprochene Behauptung zu schließen gezwungen wird.

03/149

BVerfG

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Bei mehrdeutigen Äußerungen müssen sich die Gerichte im Bewusstsein der Mehrdeutigkeit mit den verschiedenen Deutungsmöglichkeiten auseinandersetzen und dürfen die Gerichte die zur Verurteilung führende Bedeutung nicht zugrunde legen, ohne vorher die anderen möglichen Deutungen mit schlüssigen Erwägungen ausgeschlossen zu haben, andernfalls liegt ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG vor (BVerfG AfP 00,555; 01,382; 03,149)

04/56

BGH Aussagegehalt

Sind mehrere sich nicht gegenseitig ausschließende Deutungen des Inhalts einer Äußerung möglich, so ist der rechtlichen Beurteilung diejenige zugrunde zu legen, die dem in Anspruch Genommenen günstig ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt. Bei der Berichterstattung über bestimmte Personen dürfen nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer den Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs geführt hätte.

Tatsachenbehauptung/Meinungsäußerung,

00/88

BGH Tatsachenbehauptung/Meinungsäußerung, Aussagegehalt läßt sich aus mitgeteilten wahren Tatsachen eine bestimmte ehrverletzende Schlussfolgerung ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger naheliegend erscheint und deshalb durch das Verschweigender Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Anschein entstehen kann.

00/351

BVerfG Tatsachenbehauptung, Widerruf, Grundrechtsschutz
Außerhalb des Schutzbereiches des Art. 5 Abs. 1 GG liegen nur unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen. Gegenüber im Äußerungszeitpunkt rechtmäßigen Tatsachenbehauptungen, insbesondere bei herabsetzenden Behauptungen über Dritte, die nicht dem eigenen Erfahrungsbereich des Äußernden entstammen, wenn die Sorgfaltspflicht eingehalten ist, kein Widerruf, keine Bestrafung und kein Schadensersatz.

02/169

BGH Schmähkritik Tatsachenbehauptung/Meinungsäußerung
Wertende, nicht mit unwahren konkreten Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit des Artikel 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogenen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als unzulässig Schmähkritik angesehen werden.

Äußerung: Die Klägerin verhalte sich gegenüber dem publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler, bei dem am ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, dass man nur 100 Gramm bekommen habe und das sei ja Betrug. Die Äußerung ist keine Schmähkritik. Die Äußerung, die Klägerin gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein, ist nicht Tatsachenbehauptung sondern Meinungsäußerung.

02/221

BayObLG

Die Bezeichnung als „Zigeunerjude“ ist Schmähkritik. Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit und dem Schutz der Persönlichkeit ist auch das Anliegen des Gesetzgebers zu berücksichtigen, jedem Wiederaufleben nationalsozialistischen Gedankengut zu begegnen.

02/224

OLG Hamm Schmähkritik
Schulische Fragestellungen weisen nahezu stets ein hohe gesellschaftlich und gesellschaftspolitische Relevanz auf. Äußerungen: „Er war faul, anmaßend unpünktlich und feierte mindestens einmal monatlich krank“ / „Eine Flasche kann jede Baustelle vertragen“ sind keine Schmähkritik.

02/508

OLG Celle Tatsachenbehauptung

Der im Hinblick auf einen bestimmten Zivilprozess geäußerte Vorwurf des Prozessesbetrugs kann als Tatsachenbehauptung einzustufen sein.

03/43
BVerfG Schmähkritik Tatsachenbehauptung Meinungsäußerung

Wenn eine Äußerung fälschlich als Wertung eingeordnet und dann als Schmähung angesehen wird, mit der Folge, daß eine Aufklärung der Wahrheit der zugrunde gelegten Tatsachen und eine konkrete Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles unterbleibt, so liegt darin ein verfassungsrechtlich erheblicher Fehler.

„Herr H. zeichnet sich dadurch aus, daß er rassistisches Gedankengut verbreitet, gekoppelt mit Ausländerhaß gegen über Türken, daß er die Kinder ohne Einwilligung der Eltern körperlich angreift und daß er als Pädagoge nicht in der Lage ist, die Klasse ordnungsgemäß zu führen“ mit der Darstellung verschiedener Verhaltensweisen und Äußerungen des Klägers im Anschluss hieran, ist nicht schmähende Wertung sondern Tatsachenbehauptung

03/267

OLG Köln Meinungsäußerung Tatsachenbehauptung
„Datenmanipulation“ ist Meinungsäußerung

03/340

OLG Ka Tatsachenbehauptung Meinungsäußerung

Kl. habe „die Kassen betrogen“ Tatsachenbehauptung, „der Kl. werde wegen des Vorwurfes des Betruges mit internationalem Haftbefehl gesucht“ Tatsachenbehauptung, der Kl. würde „sich an den Gesetzen nicht stören“, er sei „in dubiose deals verwickelt gewesen“; Meinungsäußerung

Behauptung Kl. habe „die Kassen betrogen“ unwahr so lange er nicht rechtskräftig verurteilt ist, Hinweis auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen reicht nicht aus, um klarzustellen, das lediglich ein Verdacht besteht

04/47
BVerfG Tatsachenbehauptung Meinungsäußerung
Auch wenn ein Artikel insgesamt als wertender Kommentar zu verstehen ist, schließt dies nicht aus, dass ein einzelner Satz tatsächlich Gehalt hat. Unwahre Tatsachenbehauptungen fallen nur dann aus dem Schutzbereich des Artikel 5 Abs. 1 GG heraus, wenn die Unwahrheit zum Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht. Es ist verfassungsrechtlich nichts zu beanstanden, wenn den §§ 823 1004 BGB ein Anspruch auf Unterlassung eine unwahren Äußerung entnommen wird und ferner ein Anspruch auf Widerruf, sofern der Äußernde seine Sorgfaltspflichten nicht beachtet hat.

04/48

BVerfG Tatsachenbehauptung Meinungsäußerung

Auch wenn zu dem für eine Auslegung maßgeblichen Kontext einer Äußerung ihre Stellung innerhalb eines Kommentars in einer Zeitung gehören kann, ist eine auf die einzelne Aussage bezogene Deutung, ob es sich um einen Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung handelt, nicht nur möglich, sie bleibt auch notwendig.

Der „Bürgermeister tut nichts“ wäre eine Tatsachenbehauptung, der „Bürgermeister tut zu wenig oder nicht genug“ eine Meinungsäußerung. Der „Bürgermeister bemüht sich intensiv“ wäre im Rahmen einer kontextbezogenen Auslegung gegenüber „Nichtstun“ eine Tatsachenbehauptung.