Online Lexikon Presserecht
Darf Satire alles?
Satiren und Karikaturen leben davon, dass sie bestimmte Merkmale, Eigenschaften oder Verhaltensweisen überzeichnen, in grotesk-verzerrender Weise pointieren oder verfremden. Der „normale“, unvoreingenommene und vernünftige Betrachter kann diese Übertreibungen als solche durchschauen. Deshalb genießt der Autor einer Satire einen recht großen Freiraum.
So sah das OLG Karlsruhe ein Plakat des Grafikers Klaus Staeck als politische Satire durch die Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt, auf dem er einen Vertreter der Rüstungsindustrie mit einer großkalibrigen Patrone in der Hand sagen ließ: „Alle reden vom Frieden. Wir nicht. Zweckverband der Rüstungsindustrie.“ Als Aussagekern des Plakates sahen die Richter den zulässigen Vorwurf, der Abgebildete gefährde durch die Waffenproduktion den Frieden. Die Plakat-Aussage, der Dargestellte rede nicht vom Frieden, ihn kümmere der Frieden nicht, sah das Gericht als erkennbare satirische Überspitzung an.
Deshalb darf die Satire aber noch längst nicht alles. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen der satirischen Einkleidung und dem versteckten, aber erkennbaren Aussagekern. Die satirische Einkleidung ist grundsätzlich frei. Sie darf auch mit drastischen Überzeichnungen und Verfremdungen arbeiten. Enthält aber der Aussagekern ehrenrührige Werturteile oder Tatsachenbehauptungen, so gelten die allgemeinen Bestimmungen des Strafrechts auch für die Satire.
Auch der Satiriker überschreitet die Grenzen des Ehrenschutzes, wenn die gewählte Ausdrucksform erkennbar nur noch dem Zweck der Schmähung dient. In der Darstellung des damaligen Bayerischen Ministerpräsidenten F. J. Strauß als Schwein, das mit einem anderen, eine Richterrobe tragenden Schwein kopuliert, sah die Rechtsprechung – unabhängig davon, welchen Aussagekern man dieser Darstellung beimisst – einen unzulässigen Angriff auf die persönliche Würde des Karikierten.
Entscheidungen des Deutschen Presserates
B 213/2001
Zurückgewiesen wurde die Beschwerde gegen ein Foto, das einen nur mit einer Unterhose bekleideten bärtigen Mann vor einer mit Bierdosen gefüllten Spülmaschine zeigt und mitder Bildzeile versehen ist: „Jesus hatte sich beim letzten Abendmahl nicht mehr unter Kontrolle.“ Die Satire arbeite mit Übertreibungen, um eine Aussage zu verdeutlichen. Welche Aussage das in diesem Fall sein könnte, erschloss sich zwar auch dem Presserat nicht. Es seien aber religiöse Empfindunge nicht verletzt.
B 178/2002
Öffentlich gerügt wurde eine Satirezeitschrift wegen des Satzes: „Kerle wie Robert, dieser tapfere kleine Schulschwänzer, geben dem Gemeinwesen das gewisse Etwas. Sie schaffen mit einer Magazinfüllung, was diverse Bundespräsidenten mit ihren Fensterreden nei auf die Reihe kriegen. Da geht ein Ruck durch Deutschland – vom Kanzler abwärts.“ Dieser Satz verletzte die Menschenwürde der Erfurter Opfer.